Der digitale Wandel ist eines der Topthemen unserer Zeit.
Damit geht die Fragestellung einher: Wie müssen sich Führung & Leadership hierin gestalten und verorten? Inwieweit sind bisherige Führungssysteme, -modelle und -instrumente noch brauchbar; wo sind andere bzw. neue Ansätze heranzuziehen?
Ein sporadisches Durchstöbern im Internet (Artikel, Interviews, Seminarbeschreibungen) zum Topic „Führen im digitalen Wandel“ brachte überwiegend abstrakte, allgemeine Aussagen, die ich hier kurz, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, zusammenfassen darf:
Die Führungskräfte sollen nun:
- noch vernetzter Denken,
- noch mehr Delegation ausüben und den Mitarbeitern mehr Freiraum geben,
- flache Hierarchien praktizieren,
- die neuen Kommunikationskanäle benutzen,
- den Wertewandel der Mitarbeiter (Selbstverantwortung, Selbstbestimmung….) entspr. berücksichtigen
- Konzentration auf Weniges in der Vielfalt der Möglichkeiten praktizieren,
- Motivation; Engagement und Ideen fördern,
- u.ä.
Im Kontext werden oftmals noch Aufzählungen wie „Digitaler Wandel ist Kulturwandel“, „Führen in Industrie 4.0“ oder “Aufgabe und Rolle des Chief Digital Officers“ präsentiert, ohne genauere Erläuterungen zu geben, geschweige einen klaren Bezug zu Führung und Leadership ausreichend herstellen zu können.
Anscheinend, so mein vielleicht falscher erster Eindruck, fehlen hierzu noch konkrete praktische Erfahrungen und plausible Modelle, was einfach durch die Aktualität des Themas bedingt ist.
In unserem Unternehmen, der aConTech, dürfen und müssen wir auch den digitalen Wandel täglich intern meistern. Ebenso begleiten wir unsere Kunden bei der Implementierung moderner Arbeitsplätze & moderner Tools zur Kollaboration auf Basis innovativer IT-Infrastrukturen (z.B. Office 365/SharePoint und Cloud auf Azure Basis).
Hier folgen wir unserem Credo, zuerst die menschlichen und organisationalen Anforderungen und Wünsche zu eruieren und daraufhin die beste technologische Lösung zu adaptieren. Mit unserer Methodik „MeTeOr“ (Mensch-Technik-Organisation) rücken die Menschen, ob MitarbeiterIn oder Kunde/Lieferant kompromisslos in den Vordergrund, was eine enorme Führungsleistung von den Führungskräften in diesem digitalen Wandlungsprozess erzwingt.
Unsere ersten Erfahrungen hierin, um selbst etwas konkreter zu werden, in Umrissen skizziert:
Die klassischen Führungsansätze-/modelle werden nicht obsolet, sondern bilden weiterhin das Gerüst für wirksame Führung heute und morgen. So z. B. die Grundsätze und Aufgaben wirksamer Führung nach F. Malik (Malik: Führen-Leisten-Leben, München 2000). Ein Blick auf seine Headlines spiegelt uns, wie grundlegend, auch im digitalen Wandel, seine Elemente sind:
GRUNDSÄTZE wirksamer Führung
- Resultatorientierung
- Beitrag zum Ganzen
- Konzentration auf Weniges
- Stärken nutzen
- Vertrauen
- Positiv denken
AUFGABEN wirksamer Führung
- Für Ziele sorgen
- Organisieren
- Entscheiden
- Kontrollieren
- Menschen entwickeln und fördern
Die „Zielgruppe“ hat sich dagegen gewandelt. Wir haben jetzt auf der einen Seite die digital natives, aufgewachsen mit Computer & Co. sowie hungrig nach den neuen Arbeits- und Kommunikationsformen, und auf der anderen Seite die digital immigrants, bei denen der permanente Technikwandel teilweise Angst und Widerstand auslöst. Hier hat sich das Bilden von Tandems/Pärchen aus immigrants und natives bewährt: beide lernen voneinander und tauchen in die Welt des anderen ein. Vertrauen, Sicherheit, Wertschätzung, Motivation für den Wandel und die neuen Technologien stellen wichtige, daraus resultierende, Ergebnisse dar.
Die Führungskräfte müssen insbesondere dafür sorgen, dass homöopathisch vorgegangen wird: kleine Schritte im Wandel; sorgfältig dosierte Einzel- und Gruppentrainings direkt am Arbeitsplatz; Coaches und Superuser müssen für jeden verfügbar sein; insbesondere ist auf die Usability der Arbeitsplätze und Kooperationstools kritisch und im Schulterschluss mit den Anwendern zu achten; die MitarbeiterInnen müssen von Anfang an mit einbezogen werden; ebenso der Betriebs- oder Personalrat. Ein synchronisiertes Vorgehen zwischen immigrants und natives in der Anwendung erfordert ein besonderes Augenmerk und ggf. eine entsprechende Intervention.
Die unterschiedlichen Nutzenargumente und Vorteile für die einzelnen Anwenderkreise (Vertrieb, Produktion, F&E, Service, Administration, Lieferanten, Partner) sind zu erarbeiten und zu betonen.
Die Führungskräfte selbst sind umfassend zu trainieren: sowohl bei der eigenen Anwendung als auch den Einsatzmöglichkeiten innerhalb ihres Verantwortungsbereiches; sie müssen den BusinessNutzen der neuen Technologie im Einklang mit den effizienten Kollaborationstools verstehen und weitergeben.
Die Informationspolitik im Unternehmen unterliegt einem gravierenden Wandel. War bisher die Informationsleistung eine Bringschuld der Führungskräfte, entwickelt sich diese immer mehr, bedingt durch die technologischen Möglichkeiten, zur Holschuld der Mitarbeiter. Führungskräfte und Mitarbeiter sind hierauf vorzubereiten.
Die mit der Transformation verbundenen Ängste und Widerstände sind durch die Führungskräfte aufzunehmen, ernst zu nehmen und zu bearbeiten.
Die neuen technologischen Optionen zur Kommunikation und Zusammenarbeit (gemeinsam Dokumente bearbeiten, Partner/Kunden in Groups oder auf Sharepoint-Seiten mit einzubeziehen, Webkonferenzen, Infoportale…..) erfordern teilweise andere Kommunikationsmuster und neue Regeln. Diese sind mit den Usern zu erarbeiten, einzuführen und zu intensivieren.
Fazit:
„Führen im digitalen Wandel“ kann sich der klassischen Führungsmodelle als Grundgerüst bedienen. Neue, ergänzende Ansätze in den Dimensionen „Selbstverständnis der Führungskraft“, „die Führungskraft als digital Officer“ sowie “zeit- und raumübergreifende Arbeit und Zusammenarbeit“, werden für einen zukünftigen Businesserfolg dringend benötigt.
Ausblick:
In den nächsten Beiträgen werde ich auf die Rolle des Chief Digital Officers eingehen und die Auswirkungen der digitalen Transformation für das vertriebliche Vorgehen im IT-Geschäft andiskutieren.